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Familie Wiedner

Einmal in die Ferne und wieder zurück

Katja und Tino Wiedner hatten in Schillingsfürst (Bayern) alles was das Herz begehrt. Arbeit, Haus, Freundeskreis. Ein „kleiner Mann“ und eine liebende Familie holten sie zurück in die Heimat.

Der Weg in die Fremde

Familie Heppner ist in Wildenhain eine Institution – mit Landwirtschaftsbetrieb, Fleischerei und einem schönen Hofladen. Katja Wiedner (geb. Heppner) wuchs in Skassa auf und besuchte die Realschule „Am Schacht“ in Großenhain. Als Katja 1998 die Schule beendete, war die Suche nach einem Ausbildungsplatz, ganz anders als heute, ein schwieriges Unterfangen. Die Krise am Ausbildungsmarkt schien anzudauern. Wie viele andere entschied Katja, sich „im Westen“ zu bewerben. Bei einer Metzgerei in Schillingsfürst erhielt sie einen Ausbildungsvertrag. „Ich wollte nur meine Ausbildung machen und dann zurückkommen. Das war für mich von Anfang an klar“, sagt Katja Wiedner rückblickend.

Ihr zukünftiger Ehemann Tino besuchte als gebürtiger Großenhainer die gleiche Schule wie Katja. Nach dem Schulabschluss ging Tino auch in den Westen. „Es war hier einfach nicht möglich, eine Ausbildungsstelle zu finden. Wir hatten eigentlich keine andere Wahl.“ Tino begann seine Lehre als Kfz-Mechaniker im bayrischen Ansbach zwei Jahre früher als seine Frau. Ansbach liegt nur 20 km von Schillingsfürst entfernt. Die Nähe der beiden Orte führte das Paar schließlich zusammen.

Die Verbindung zu Freunden und Familie bleibt

Auf Heimatbesuch trafen sich Tino und Katja mit gemeinsamen Freunden. Man kam ins Gespräch und Katja freute sich über den Zufall, dass Tino in unmittelbarer Nähe lebte. Sie vereinbarten eine Fahrgemeinschaft zu bilden, verliebten sich und kurze Zeit später zogen sie zusammen. Im Jahr 2000 hatte Tino ausgelernt. Sofort erhielt er einen Arbeitsvertrag. „Der Verdienst war hervorragend. Kein Vergleich mit den Verdienstmöglichkeiten zu Hause“, sagt Tino. Katja bestätigt. Mit dem Ende ihrer Lehre wurde auch sie übernommen. „Wir verdienten beide deutlich besser, als die Freunde in der Heimat. Zurückzugehen war plötzlich keine Option mehr.“ 2003 heirateten die beiden. Sie bauten sich einen Freundeskreis auf. Tino war in der Freiwilligen Feuerwehr des Ortes engagiert. Katja war Trainerin der Garde und Showtanzgruppe des örtlichen Karnevalsvereins.

Die Sehnsucht nach der Familie und der Heimat wächst

2005 wurde der kleine Nick geboren. Dass dieser kleine Mann einmal ein wichtiger Grund für die Rückkehr sein würde, wusste die Familie bis dahin noch nicht. Die Eltern entschieden sich für einen Hausbau. Rückblickend keine wirklich gute Entscheidung, denn das Grundstück war mit 400 m² ziemlich klein. „Unser Herz hing nicht wirklich an diesem Haus. Wir wussten, dass wir es jederzeit ohne Probleme verkaufen könnten“, erinnert sich Katja Wiedner.

Der kleine Nick zeigte seinen Eltern recht bald, wo das Herz der Familie schlägt. Er liebte es, bei Oma und Opa in Wildenhain zu sein, mit dem Opa Traktor zu fahren oder sich von Oma lecker bekochen zu lassen. „Wenn wir zurück nach Schillingsfürst fuhren, weinte Nick bis Chemnitz.“ Und auch der Uropa hing an Enkeln und Urenkel. „Er hätte nie etwas gesagt, aber es tat ihm weh, dass wir nicht um ihn waren“, bestätigt Tino Wiedner.

So reifte in den Eltern langsam der Gedanke an eine Rückkehr. „Besonders vermissten wir die Eltern und Großeltern, wenn man mal eine Kinderbetreuung für abends brauchte. Man hat dann Freunde gebeten, aber immer mit schlechtem Gewissen. Unsere Eltern oder Großeltern hätten die Kinderbetreuung immer mit Freude übernommen“. An vielen Wochenenden und in den Ferien fuhr die Familie nach Wildenhain und der Rückkehrgedanke wurde stärker. „Aber ich musste hier erst einen Job haben und das Schillingsfürster Haus verkaufen“, erinnert sich Tino. „Zudem waren wir in Bayern sehr gut integriert. Es war immer ein Schwanken zwischen dem festen Entschluss und den Zweifeln, ob der Rückzug gelingt.“

Erste Rückkehrpläne und Bewerbungsbemühungen

Tino begann sich in der Region um Großenhain zu bewerben. Parallel baute Katja ihre Selbstständigkeit auf. Sie wurde Teamleiterin bei der Firma ProWin. Das Unternehmen produziert und vertreibt Naturkosmetika und Wellnessprodukte sowie Produkte rund um die Reinheit im Haus. „Das Unternehmen hat mich total überzeugt. Ich bin ein absoluter Naturmensch. Der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen und auch den pfleglichen Umgang mit der eigenen Gesundheit habe ich von Kindesbeinen an gelernt. Ich habe als selbstständiger Teamleiter die Möglichkeit, Familie und Beruf perfekt zu vereinen – für eine Mutter perfekt.“

Zurück in der Heimat

Am 12. April 2013 wurde die kleine Nelja geboren. Genau ein Jahr später erhielt Tino einen Arbeitsvertrag als Maschinenführer bei der Firma Kronospan in Lampertswalde.
Die Familie zog mit einem 40-Tonnen-Sattelzug um – in die „Platte“ am Großenhainer Schacht. „Das war für uns nur eine Notlösung“. In Bauda bei Wildenhain hatten sie sich bereits ihr Traumgrundstück reservieren lassen – in unverbaubarer Lage, mit Blick auf Wald und Feld. Endlich gelang auch der Verkauf des Grundstücks in Schillingsfürst. Im Juni 2015 begann der Bau des Traumhauses in Bauda und bereits ein halbes Jahr später war die Familie eingezogen.

Tino trat in der Zwischenzeit die Arbeit als Logistiker bei der Firma Behrens-Wölk in Großenhain an. „Ich hatte die Bewerbung immer noch in der Hinterhand und habe gehofft, dass ich mit Fertigstellung des Logistikzentrums in Großenhain die Chance bekomme, dort zu arbeiten“, sagt Tino. Geschäftsführer Ronny Klemm ist selbst Rückkehrer und so waren die beiden Männer sofort auf einer Linie. Seit Mai 2015 arbeitet Tino für das Unternehmen und fühlt sich sehr wohl. Am glücklichsten über die Rückkehr der Familie war wohl Uropa Horst. Er sagte mal zu mir: „Endlich hast du kapiert, wo du hingehörst, Mädchen“, erinnert sich Katja. Im vergangenen Winter verstarb Uropa Horst mit dem Wissen, dass die Enkel und Urenkel wieder zu Hause sind. Ein Trost für Katja und Tino und die Gewissheit, dass man noch gemeinsame Zeit hatte – in der Wachstumsregion Dresden.

Interview und Text: Kristina Kroemke