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Radeberg lässt von sich hören

Kirchenmusik in Radeberg – Ein Gespräch mit dem Kantor und Organisten Rainer Fritzsch

Bierstadt, Biertheater, Bierkutscher: Das Hopfengetränk spielt im rund 19.000 Einwohner zählenden Radeberg, zwischen der Dresdner Heide und dem Westlausitzer Hügel- und Bergland landschaftlich reizvoll gelegen, die zentrale Rolle. Warum es sich dennoch lohnt, gerade nicht über das Bier, sondern über Kirchenmusik zu berichten und was ein junges Blechbläserensemble sowie die Corona-Krise damit zu tun haben, ist Inhalt der folgenden „Erfolgsgeschichte“. Für die haben wir uns mit dem Radeberger Kantor und Organisten Rainer Fritzsch getroffen.

„Ein paar Minuten Ablenkung“ in der Corona-Krise

Mitte März hatten einige Italienerinnen und Italiener aufgrund der Ausgangsbeschränkungen während der Corona-Pandemie damit begonnen, von Balkonen und aus Fenstern heraus zu musizieren. Kurz darauf zogen Musikschaffende in Deutschland nach. Auch in Radeberg wurde die Idee aufgegriffen. Hier hat sich eine Gruppe junger Blechbläser, allesamt Abiturienten und Mitglieder des Posaunenchors, dazu entschlossen, täglich vom Turm der Stadtkirche aus zu spielen. Damit wollten sie entgegen der bedrückten Stimmung Hoffnung und Zuversicht vermitteln, „ein paar Minuten Ablenkung schenken“, berichtet Kantor Fritzsch. Einen Auftritt filmten sie, unter anderem mit einer Drohne. Die jungen Musiker spielten vom Kirchturm, vom Dach des nahe gelegenen Humboldt-Gymnasiums und vom Radeberger Rathaus aus. Im Ergebnis entstand ein sehr sehenswertes Video, das tausendfach geklickt wurde. Vom Erfolg animiert, ist „Über den Dächern Radebergs“ zu einer eigenen kleinen Reihe geworden. Auf dem Youtube-Kanal „GOLDBLECH“ sind inzwischen zwei weitere Stücke eingestellt:

Etwas gänzlich Neues ist das Turmblasen an sich nicht, erklärt der Kantor: Ursprünglich war es eine der Pflichten des Türmers, des Turmwächters, Feuer in der Stadt lautstark zu vermelden. Auch musikalische Darbietungen gehörten zu seinen Aufgaben. So existieren zahlreiche Kompositionen für Turmmusiken. In Radeberg und andernorts, beispielsweise in Pirna oder Meißen, gibt es regelmäßig Bläsermusik vom Kirchturm aus.

Mit weiteren Instrumentalisten haben sich die jungen Trompeter zum Blechbläserensemble „Goldblech“ zusammengetan. Sie spielen häufig in der Kirche, für Firmen, auf Stadtfesten oder im Gymnasium. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Radeberger Posaunenchores spielten sie zum Höhepunkt der Corona-Pandemie im Radeberger Pflegeheim mehrfach wöchentlich als Bläserquartett. Kennengelernt haben sich die jungen Musiker im Gymnasium und in der Musikschule „Klanghaus“ des Kirchspiels.

Kirchenmusik in Radeberg

Die Musikschule „Klanghaus“ wurde vor 10 Jahren aus dem Kirchspiel heraus gegründet. Viele Anfragen interessierter Eltern hatten den Bedarf verdeutlicht. Heute werden wöchentlich 130 Schülerinnen und Schüler von Honorarkräften, allesamt Profimusikerinnen und -musikern, unterrichtet. Die Angebote reichen vom instrumentalen und Gesangsunterricht, der individuell oder in Gruppen stattfindet, bis hin zu den besonderen Angeboten, wie z.B. der Musical-Werkstatt. Das Angebot der Musikschule befruchtet sich mit der breiten Palette kirchenmusikalischer Aktivitäten in Radeberg. So existieren allein fünf Chöre, darunter ein großer Kinderchorbereich – inklusive Ausbildung - mit kleiner Kurrende, Chorvorschule und großer Kurrende, eine Jugendkantorei und die Kantorei Radeberg. Eine große Rolle spielt zudem der Posaunenchor mit langer Tradition.

Die Angebote sind zwar unter dem Dach des Kirchspiels organisiert, stehen aber auch Angehörigen anderer Konfessionen sowie Konfessionslosen offen. Viele aktive und auch tragende Mitglieder gehören nicht der evangelischen Kirche an. Kantor Fritzsch ist es wichtig, „die Kirchentüren zu öffnen und darüber hinauszugehen“, wie er sagt. Die Notwendigkeit ergibt sich aus der geringen Mitgliederzahl in den neuen Bundesländern, wo die Kirche eher eine Randerscheinung ist. „Wir müssen versuchen, auf die Leute zuzugehen, mit den Möglichkeiten, die wir haben“. Dass die Kirchenmusik eine dieser Möglichkeiten ist und es schafft, die Menschen zu erreichen, wird in Radeberg eindrucksvoll bewiesen.

Auf die Frage, was das Engagement in der Kirchenmusik attraktiv mache, fallen Fritzsch gleich mehrere Antworten ein. Da ist das Gemeinschaftsgefühl: Sich zusammen einer Sache zu widmen, unabhängig davon, wer man ist. „Das ist eine bunte Gemeinschaft, von der Köchin bis zum Veterinärmediziner“, erzählt Fritzsch. Dann ist da natürlich auch die Musik an sich, die stets im Mittelpunkt steht: „Zuhörerinnen und Zuhörer mit guter Musik zu fesseln und begeistern, das ist mein Anspruch“. Die Stücke sind vielfältig, auch das begeistert. Zur Festwoche anlässlich von 800 Jahren Radeberg im vergangenen Jahr leitete Fritzsch die Aufführung der „Carmina Burana“ auf dem Marktplatz. Im Vorfeld gab es viele Anfragen aus der Bürgerschaft, ob man im Chor mitsingen könne.

Aus der Landschaft der Kirchenmusik sticht Radeberg positiv heraus. Das liegt zum einen an der Stadt selbst: Die Kirchenmusik genießt in der Bürgerschaft einen sehr guten Ruf. „Unser Ziel ist es, die Leute zu begeistern“, so Fritzsch. Auch die gemeinschaftsstiftende Funktion ist in der Stadt anerkannt. Der Kantor und Organist kann zudem auf den Arbeiten seiner Vorgänger aufbauen: Mit ihren langen Amtszeiten schafften sie es, eine gewisse Kontinuität zu bewahren, über die politisch-gesellschaftlichen Systemwechsel hinweg. Sie kümmerten sich außerdem intensiv um den Nachwuchs, was dem breiten Angebot, das heute existiert, den Weg ebnete. Zum anderen profitieren Kirchenmusik und Musikschule von der Nähe zu Dresden: Es gibt ein gutes Miteinander mit Mitgliedern der Staatskapelle, die Konzerte spielen und bei größeren Aufführungen unterstützen. Auch Aufnahmen wurden in der Stadtkirche schon gemacht.

Neben Auftritten von Musikerinnen und Musikern der Staatskapelle organisiert Fritzsch zahlreiche verschiedene Veranstaltungen, auf denen die eigenen Ensembles oder eingeladene Künstler spielen. Bezüglich des Genres ist man nicht festgelegt, sodass für jeden Geschmack etwas dabei ist: Neben der klassischen Kirchenmusik mit Kantaten und Oratorien und Orgelkonzerten, beispielsweise „Orgel meets Rock“, kommen auch Jazz- oder Gospelfans auf ihre Kosten. Die Qualität der Musik ist hoch, die Kirche regelmäßig bis auf den letzten Platz gefüllt. Dass die Stadtkirche mit ihren etwa 450 Plätzen nicht überdimensioniert ist, ist dabei von Vorteil: „Das erzählen ganz viele: ‚Es ist so, als hätte ich dem Geiger auf dem Schoß gesessen‘. Diese Unmittelbarkeit geht vielen sehr nah“, berichtet Fritzsch. Die Eintrittspreise sind dabei moderat, zum Teil können Veranstaltungen kostenfrei besucht werden. „Wir sehen das als unseren sozialen Auftrag. Den Konzertbesuch soll sich jeder leisten können“, sagt der Kantor. Auch die sonntäglichen Gottesdienste werden von den eigenen Gruppen regelmäßig musikalisch bereichert.

Radeberg als attraktiver Wohnort und lohnendes Ausflugsziel

In Radeberg profitiert nicht nur die Kirchenmusik von der räumlichen Nähe und der guten Anbindung an Dresden: Der Zug fährt nur 15 Minuten in die über eine halbe Million Einwohnerinnen und Einwohner große Landeshauptstadt. Viele Radebergerinnen und Radeberger pendeln zum Arbeiten oder Studieren nach Dresden. Fritzsch nennt die Vorzüge des Wohnstandortes Radeberg gegenüber der Großstadt: Das soziale Leben ist weniger anonym. Viele Absprachen sind über den kurzen Draht möglich, hier kennt und schätzt man sich, kann sich aufeinander verlassen. Die Menschen charakterisiert Fritzsch als aufgeschlossen, unkompliziert, freundlich und zuverlässig. In Radeberg lebt es sich zudem entschleunigt. Die reizvolle Landschaft liegt direkt vor der Haustür, beispielsweise das Hüttertal oder die Dresdner Heide. Fritzsch verrät weitere Ausflugstipps: Das Schloss Klippenstein, den botanischen Blindengarten oder die historische Altstadt und den Kirchturm, von dem aus man einen ausgezeichneten Blick über die Stadt und ihre Umgebung bis hin zum Osterzgebirge hat.

Natürlich darf bei einem Besuch Radebergs das Bier dann doch nicht ganz fehlen: „Radeberger“ ist eines der bekanntesten Pilsner Deutschlands. Die im Herzen der Stadt gelegene Brauerei bietet Besichtigungen und thematische Führungen an. Auch das volkstümliche Biertheater im Kaiserhof und das alljährlich im Juni stattfindende Bierstadtfest sind unbedingt einen Besuch wert. Unter der Regie von „Bierkutscher Ernst“ können Bierseminare mit Augenzwinkern sowie eine Stadttour erlebt werden. Doch auch mit Spezialitäten anderer Art kann Radeberg aufwarten: So stellt die Firma Heinrichsthaler den ersten deutschen Camembert her. Weitere Empfehlungen sind der Original Radeberger Bitter sowie die Fleisch- und Wurstwaren von Korch.

Ansprechpartner Kirchenmusik Radeberg:

Rainer Fritzsch
0178 47 28 354
rainer.fritzsch@gmx.de
www.kirchenmusik-radeberg.de

Ansprechpartner Wirtschaft und Tourismus Radeberg:

Marco Wagner
03528 450205
m.wagner@radeberg.de
www.radeberg.de

Interview und Text:

Benedikt Oelmann (Planungsbüro Schubert GmbH & Co. KG, Projektmanagement Wachstumsregion Dresden)
03578 379104
info@wachstumsregion-dresden.de
www.wachstumsregion-dresden.de

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